CDU-Länder wollen Fracking
In der Hoffnung auf billiges Erdgas sprechen sich nun auch die Ministerpräsidenten der CDU-geführten Bundesländer für Fracking in Deutschland aus. Dabei ist noch völlig unklar, ob das umstrittene Verfahren tatsächlich die Energiepreise senkt.

Der US-Boom an billigem Erdgas dank neuer Fördermethoden weckt hierzulande weiter Begehrlichkeiten. Nachdem sich Union und FDP am Freitag nach monatelangem Ringen auf einen Kompromiss zur Regelung der Schiefergas-Förderung einigten, forderten mehrere CDU-Politiker am Montag eine wohlwollende Prüfung des umstrittenen Fracking in Deutschland.

So verlangt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) einen offenen Umgang mit der Technik. „Es wäre falsch, Fracking in Deutschland komplett zu verbieten“, sagte er der Welt. Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) plädiert dafür, „dass wir diese Technologie nach allen Seiten hin ernsthaft ausleuchten“. EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) fordert, man solle nicht nur Umweltgefahren, sondern auch das Potenzial beachten. Deutschland brauche eine Rechtsgrundlage für Demonstrationsprojekte und die praktische Erprobung. Er kündigte eigene Vorschläge zur Regulierung von Fracking in der EU an.


Die CDU-Politiker in Bundestag und Bundesregierung agieren skeptischer. Sie betonen die Risiken, weil beim Fracking Chemikalien in den Boden gepumpt werden, um das Gas zu lösen. Der Gesetzeskompromiss zwischen Unions- und FDP-Fraktion untersagt Fracking darum nahe von Trinkwasserseen. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) begrüßte die Verschärfung, mit der ein Entwurf seines Hauses aufgegriffen worden sei. „Nun entscheiden die Fraktionen, ob es noch in dieser Legislatur eine gesetzliche Regelung mit strengen Auflagen und Verboten geben soll“, sagte seine Sprecherin der Frankfurter Rundschau.


"Kein Preisrutsch zu erwarten"


Auch die Verhandlungsführerin und Union-Umweltpolitikerin Marie-Luise Dött lobte die neuen Auflagen: „Wir haben das höchste Maß an Sicherheit für die Bürger, die Umwelt und die Trinkwasserversorgung vereinbart.“ Die Hürden für konkrete Vorhaben lägen nun sehr hoch, wie einige Unternehmen bereits bemängelten. „Aber wer die Voraussetzungen nicht erfüllt, wird in Deutschland keine Fördergenehmigung erhalten“, sagte Dött der FR.

Ohnehin dürfte die Hoffnung überhöht sein, dass Fracking auch in Deutschland die Gaspreise senke. So befindet die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR): „Ein Anstieg der Erdgasproduktion wie in den USA ist nicht zu erwarten – und damit auch kein Preisrutsch.“


Dabei befürworten die Hannoveraner Experten Fracking und halten umweltverträglichen Einsatz der giftigen Chemikalien dabei für möglich. Schiefergas könne einen Beitrag dazu leisten, den Rückgang der heimischen Erdgasförderung aufzufangen. Die bisherigen Gasquellen – rund 123 Milliarden Kubikmeter – wären in zehn Jahren aufgebraucht. Die BGR taxiert die gewinnbaren Schiefergasreserven dagegen auf 1300 Milliarden Kubikmeter, mehr als zehnmal so viel. Ein Teil dürfte wegen der neuen Wasserauflagen aber nicht nutzbar sein.

USA müssen Prognosen korrigieren

Schätzungen gelten generell als unsicher. In den USA mussten die Prognosen teils um 50 Prozent nach unten korrigiert werden, betont die BGR. Annahmen für Polen variierten gar ums Hundertfache. „Mehr Sicherheit kann es erst geben, wenn eine Produktion begonnen hat und praktische Erfahrungen zur wirtschaftlichen Gewinnung vorliegen“, so die BGR.

Die Grünen sehen sich in ihrer Ablehnung bestätigt. „Selbst die BGR erwartet weder eine nennenswerte Ausweitung der Förderquote, noch eine Auswirkung aufs Preisgefüge“, sagte Energieexperte Oliver Krischer der FR. „Auch die Abhängigkeit von Importen lässt sich kaum mindern.“ Folglich sei Fracking in Deutschland energiepolitisch gar nicht nötig.


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„Beim CDU-Landesparteitag am Sonnabend ist es zu einer heftigen Auseinandersetzung über das Fracking gekommen. Dieses umstrittene Verfahren zur Gewinnung von Gas, bei dem Chemikalien in den Boden gepresst werden, stößt in vielen Regionen Niedersachsens auf Widerstände.

 

Celle. Der CDU-Vorstand hatte im Entwurf des Regierungsprogramms vorgeschlagen, das Fracking in Wasserschutzgebieten abzulehnen. In allen anderen Regionen wäre es aber erlaubt gewesen. Der CDU-Landesverband Braunschweig forderte ein generelles Verbot des Einsatzes wassergefährender Stoffe für Fracking. ‚Wir dürfen keine Risiken eingehen‘, rief der CDU-Landesvorsitzende aus Braunschweig, Frank Oesterhelweg.

Der Osnabrücker Bundestagsabgeordnete Georg Schirmbeck warf ihm ‚Populismus‘ vor und lobte das Beispiel USA, wo mit Fracking schwer zugängliche Gasvorkommen angezapft werden können. Daraufhin meinte der Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel (Rotenburg), das Beispiel USA sei nicht vorbildlich, da in den USA ‚Raubbau mit der Natur‘ getrieben werde.

Bei der anschließenden Abstimmung waren zunächst die Befürworter eines generellen Fracking-Verbotes in der Mehrheit, die Abstimmung wurde dann wiederholt, dazu wurden Stimmzettel ausgeteilt. Die Vorstandslinie, die Fracking außerhalb von Wasserschutzgebieten zulässt, bekam dann doch noch die Mehrheit - mit 130 gegen 102 Stimmen.“

—  HANNOVERSCHE ALLGEMEINE, „CDU hadert mit dem Fracking“(abgerufen am 13.10.2012)