Und hier der NDR...
Der NDR hat sich heute in drei Beiträgen zu diesem Thema - "NDR aktuell" um 18:00, "Hallo Niedersachsen" um 19:30 und noch mal "NDR aktuell" um 21:45 - einen derartigen Quark zusammengefaselt, dass man sich fragen muss, ob die Moderatoren etwas zuviel "Lagerstätter" intus hatten.
Hier noch einmal schnell zum Mitschreiben:
1. Es gibt kein "konventionelles Fracking" versus "modernes" Fracking - das Prinzip ist gleich, und auch gleich schlecht. Im "NDR aktuell" Beitrag um 21:45 Uhr wurde ernsthaft behauptet, das "moderne" Fracking, "das man von den USA kennt", sei schlecht, weil es Chemikalien anwendet, während das "normale" Fracking "hydraulisch" sei. ...!!!
Das muss wohl eine NDR-Putzkraft geschrieben haben, als der Redakteur gerade auf Klo war...
Der Begriff Fracking ist eine Kurzform von "Hydraulic Fracturing", übersetzt: Hydraulisches(!) Aufbrechen. Und das geschieht immer noch mit der gleichen Methode mittels Wasser, Chemikalien und Stützmitteln, die unter hohem Druck in den Förderhorizont gepresst werden.
2. Es gibt sehr wohl Unterschiede in den Lagerstätten: aus "konventionellen" Lagerstätten kann das Gas anfangs komplett ohne Fracking gefördert werden. Erst wenn die Förderrate sinkt, weil die Lagerstätte so gut wie erschöpft ist, wird Fracking manchmal eingesetzt, um die Bohrung zu "stimulieren" und die Förder- oder Fließrate kurzfristig wieder zu erhöhen.
Sogenanntes "Tight Gas" - wörtlich übersetzt "dichtes" oder "verdichtetes" Gas - ist, wie der Name sagt, in den Poren von "dichten" Gesteinsschichten eingeschlossen und kann nur mittels Fracking erschlossen werden. Das gilt auch für "Shale Gas" oder Schiefergas, das in noch feineren und dichteren Gesteinsporen eingeschlossen ist. Bis vor kurzem nannte selbst die Erdgasindustrie Schiefergas und Tight Gas "unkonventionell", weil beide Lagerstätten das Gas nur hergaben, wenn sie durch Fracking aufgebrochen und zerbröselt wurden. Weil aber die Firma Wintershall partout ihr Tight-Gas-Feld "Düste Karbon" bei Barnstorf fracken will, wird - schwuppdiewupp! - aus einer klar "unkonventionellen" Lagerstätte eine "konventionelle".
3. Umweltschäden können (laut dem neuen Gutachten des Umweltbundesamtes) beim Fracking auf allen Ebenen eintreten: oberflächlich durch das Austreten von toxischen Frac-Zusätzen, giftigem und mit Schwermetallen belastetem "produziertem Wasser" oder Lagerstättenwasser; unter der Oberfläche durch undichte Bohrungen und Kontaminierung der Trink- und Grundwasserschichten; und in tiefen geologischen Schichten. Während oberflächliche Schäden relativ schnell entdeckt werden und Schäden an der Bohrung selbst innerhalb von fünf Jahren, manifestieren sich geologische Schäden manchmal erst nach 30 Jahren. Die Aussage der Gasindustrie, Umweltschäden seien nicht "bekannt geworden" bedeutet genau das: man hat erstens nie überprüft, ob es zu Schäden gekommen ist, zweitens werden sich die geologischen Auswirkungen der Fracs in den 70er Jahren erst jetzt zu manifestieren beginnen (zum Beispiel Erdbeben!), und drittens ist - wie praktisch! - "nie etwas bekannt geworden", weil die Öffentlichkeit außen vor gehalten wurde.
http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/fracking479.htmlEin Leserbrief dazu:
http://www.02elf.net/politik/weser-kurier-zum-fracking-erlass-in-niedersachsen-schreibt-peter-mlodoch-im-weser-kurier-bremen-vom-6-maerz-2014-396345
Mittwoch 5. März 2014 | 21:46
Weser-Kurier: Zum Fracking-Erlass in Niedersachsen schreibt Peter Mlodoch im "Weser-Kurier" (Bremen) vom 6. März 2014:
Bremen
– Fracking ist nicht gleich Fracking”, sagt der Deutschland-Chef der
Gasförder-Firma Wintershall. In der Tat: Da gibt es die gefährliche
Methode für Schiefergas – relativ nah am Grundwasser, ohne schützendes
Deckgebirge, mit einem immensen Einsatz von
Chemie-Sand-Wasser-Cocktails. In den USA mit ihren äußerst laschen
Umweltgesetzen führte diese Art der Gasgewinnung zu erschreckenden
Folgen für Mensch, Wasser und Natur. Die Skepsis gegenüber dieser – in
Deutschland noch nicht kommerziell zum Einsatz gekommenen – Methode ist
mehr als berechtigt. Doch dann gibt es da noch das Fracking
bei konventionellen Gasvorkommen. Seit 30 Jahren wird es in Deutschland
praktiziert – in tieferen Schichten, weiter weg vom Grundwasser, mit
deutlich weniger Bohrungen und Fracs, mit viel weniger Chemie. Also auch
weniger gefährlich? Die betroffenen Anwohner und Umweltverbände hegen
da so ihre Zweifel; nach ihrer Ansicht gibt es kein böses und kein gutes
Fracking.
Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen will dieses
Alles-oder nichts-Spiel nicht mitmachen und konventionelles Fracking
weiter zulassen. Lediglich die Voraussetzungen dafür sollen verschärft
werden.
Vor allem der grüne Umweltminister Stefan Wenzel übt sich in
Realismus, will dem für Niedersachsen so wichtigen Wirtschaftszweig
nicht den Hahn abdrehen. 95 Prozent der deutschen Gas-Produktion stammen
von hier, Tausende Jobs hängen daran. Rund 600 Millionen Euro jährlich
kassiert das Land an Förderabgabe (von denen freilich
dank Länderfinanzausgleich nicht viel übrig bleiben). Die Industrie mag
diesen vielleicht unerwarteten Pragmatismus von Rot-Grün kräftig loben.
Wenzel dagegen geht ein hohes Risiko ein. Zwar tragen grüne Fraktion und
Landespartei die neue Linie offiziell bisher mit. Doch an der Basis
könnte sie als “Verrat grüner Urprinzipien” für erhebliche Unruhe
sorgen. Die Bürgerinitiativen, aus deren Bewegung die Grünen einst
entstanden sind, haben sich zumindest beim Thema Fracking längst von
“ihren” Ministern entfernt.