„Harvey“ verwüstet US-Energiesektor

Die Stadt Houston sowie der gesamte Ostteil des US-Bundesstaats Texas werden weiter von dem Wirbelsturm „Harvey“ heimgesucht. Am Freitag und Samstag traf der Sturm in der Region an und sorgt seitdem unter anderem für extreme Überflutungen. Großraum Houston ist die Energie-Hauptstadt der Vereinigten Staaten. Deshalb entwickelt sich diese humanitäre Katastrophe auch zunehmen zu einem Riesenproblem für die Energiebranche und für Anleger im Energiesektor.

Benzin

Rund 3 Mio. bpd Raffineriekapazität innerhalb eines rund 500-km-Radius an der Golfküste wurden seit der Ankunft des Wirbelsturms stillgelegt. Die zweitgrößte Raffinerie des Landes, im Eigentum von ExxonMobil (NYSE:XOM), mit einer Kapazität von 560.000 bpd, wurde komplett geschlossen. Die größte US-Raffinerie Motiva, im Besitz von Aramco, befindet sich ganz in der Nähe, an der Grenz zu Louisiana. Am Dienstag gab Motiva eine Produktionsstillegung infolge von Überflutungen bekannt. Wann die Raffinerie ihren Betrieb wiederaufnehmen wird, bleibt offen. Die nahegelegene Raffinerie Valero wurde aufgrund von Überflutungen ebenfalls stillgelegt. Einige Raffinerien in Corpus Christi planen, den Betrieb in der kommenden Woche wiederaufzunehmen.


Die Auswirkungen dieser Naturkatastrophe sind extrem. Zur Zeit der Entstehung dieses Artikels wurden 30 Prozent der US-amerikanischen Raffineriekapazitätaußer Betrieb gesetzt oder beeinträchtigt. Es wird davon ausgegangen, dass ein Großteil davon mehrere Wochen nicht einsatzfähig sein wird. Benzinpreise in den USA klettern langsam hoch und dürften auch hoch bleiben, bis Texas sich erholt hat.


Dadurch rückt auch eine Schwäche des US-amerikanischen Energiesystems in den Fokus der Aufmerksamkeit, die seit langem bekannt ist, jedoch größtenteils ignoriert wird: Die Raffinerien in den USA sind überbelastet und laufen die meiste Zeit bei voller Kapazität. Das gesamte System verfügt über nur wenig Reservekapazität. In einem derart knapp auskalibrierten System sorgt jeder außerplanmäßige Ausfall für eine Kettenreaktion aus steigenden Preisen in der gesamten Region.

Andererseits werden die Auswirkungen nicht so unmittelbar und so extrem ausfallen wie bei Wirbelsturm Katrina im Jahr 2005, da der US-Markt aktuell über relativ hohe Benzinvorräte verfügt. Seit mehreren Wochen belegen EIA-Berichte einen Aufbau der Benzinvorräte. Das dürfte die Auswirkungen der Raffinerieausfälle mindern. Tatsächlich könnte die Katastrophe den Aufbau der Benzinbestände kurbeln.


Rohöl

Rohölpreise dürften weiterhin Abwärtsdruck ausgesetzt sein, da die Produktion durch den Wirbelsturm nicht erheblich beeinträchtigt wurde. Rund 22 Prozent der Ölproduktion im Golf von Mexiko, rund 379.000 bpd wurde zeitweilig stillgelegt. Inzwischen wurde der Betrieb größtenteils wiederaufgenommen.


Die Produktion im Landesinneren wurde ebenfalls betroffen: Einige Ölproduzenten halten den Betrieb in Eagle Ford an, darunter XTO (XOM) und Marathon (NYSE:MPC). (Marathon hat den Betrieb inzwischen wieder aufgenommen.) Chesapeake Oil (NYSE:CHK) gab ebenfalls bekannt, dass es seine Produktion aufgrund der Raffinerieausfälle drosseln wird. Höchstwahrscheinlich wird es auch bei der Schieferölproduktion zu Drosselungen kommen, da die Förderer erkennen, dass sie ihre Ausbeute nirgendwohin liefern können. Sollten Fracking- und Offshore-Produzenten ihre Fördermengen nicht reduzieren, könnten sie das Rohölüberangebot bei reduzierter Raffineriekapazität verschlimmern. Man kann davon ausgehen, dass die Rohölpreise weiter fallen, wenn die Produzenten ihre eigene Produktion nicht drosseln. [...]


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