Chaotische Energie-Politik der EU

Die US-Sanktionen gegen Russland werden für Europa vor allem gefährlich, weil es in der EU keine koordinierte und schlüssige Energiepolitik gibt.


Der Krieg um das Rohöl ist Geschichte. Jetzt tobt der Krieg um das Erdgas und schlägt groteske Kapriolen. Bei näherem Hinsehen zeigt sich: Die US-Sanktionen werden für Europa vor allem zu einem Problem, weil es in der EU keine koordinierte Energiepolitik gibt.

Das US-Parlament hat beinahe einstimmig Sanktionen gegen Russland beschlossen, Präsident Donald Trump gab seine Unterschrift, allerdings widerwillig: Als Grund für die Strafmaßnahmen wurde vor allem die Einmischung Moskaus in der Ukraine und die seit 2014 andauernde Besetzung der Halbinsel Krim betont. Auch der Ärger über die Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf spielte eine Rolle. Das tatsächliche Ziel ist aber, die Vorherrschaft der russischen Gaswirtschaft auf dem europäischen Markt zu brechen. Seit April 2017 sind die USA durch die Schiefer-Gas-Gewinnung endgültig in der Lage, nicht nur den heimischen Gasbedarf zu decken, sondern auch substanziell zu exportieren. Die Sanktionen sollen nun den europäischen Markt für US-Lieferungen zu Lasten Russlands frei machen.

Die bisherigen Sanktionen haben den Gasbereich gezielt ausgenommen

Die neuen Sanktionen der USA stellen die Sanktionen des Jahres 2014 bloß. Die von den USA und der EU gemeinsam verhängten Sanktionen nahmen ausdrücklich den Gas-Bereich aus:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

  • Der Gasexport gehört zu den wenigen, substanziellen Devisenbringern Russlands. Die Gazprom spielt eine umfassende Rolle in der Wirtschaft, aber auch in der Gesellschaft. Es gibt kaum einen Sportverein oder eine Kindergruppe, die nicht von Gazprom unterstützt wird.
  • Die EU ist entscheidend von den Gasimporten aus Russland abhängig, dies gilt besonders für Deutschland und Österreich. Die Sanktionen des Jahres 2014, die letztlich der EU und Russland gleichermaßen geschadet haben, waren also keineswegs so hart wie sie dargestellt wurden.

Dieser Umstand erklärt auch, warum die EU-Kommission nun wütend auf die neuesten Beschlüsse in den USA reagiert und mit Gegen-Sanktionen droht. Die Groteske ist perfekt: Seit 2014 toben die EU-Spitzen in offiziellen Erklärungen lautstark gegen Russland. Jetzt, da die USA Russland ernsthaft schaden, protestiert Europa und ergreift somit Partei für Russland. Die Groteske wurde zuletzt noch vergrößert: Während die EU gegen die US-Sanktionen protestiert, beschließt dieselbe EU eine weitere Verschärfung ihrer Russland-Sanktionen, weil Turbinenteile von Siemens auf die Krim gebracht wurden. Das Kuriosum hat noch eine weitere Dimension: Seit Jahren wird die Abhängigkeit der Energie-Versorgung in der EU von den Importen aus Russland beklagt, aber es werden laufend Maßnahmen gesetzt, die die Position Russlands als Gas-Lieferant weiter stärken.


Eine neue Pipeline durch die Ostsee im Fokus der Sanktionen

Der geplante Bau der Pipeline Nord-Stream 2 durch die Ostsee soll eine neue Versorgungsschiene schaffen, um jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Europa zu liefern, wobei die Anladestelle in Lubmin bei Greifswald geplant ist. Somit würde künftig Deutschland bei der Verteilung von russischem Gas eine zentrale Rolle spielen, während die Leitungen bisher durch Polen und durch die Ukraine führen. Die Regierungen der beiden Länder laufen daher auch Sturm gegen die neue Pipeline – zumal der Verlust von Milliarden an Durchleitungsgebühren droht. Nord-Stream 2 ist aktuell das größte Projekt und somit von den US-Sanktionen in erster Linie betroffen.

Die Sanktionen: Unternehmen, die mit russischen Energie-Unternehmen zusammenarbeiten, sich an einem russischen Pipeline-Projekt finanziell beteiligen, Teile liefern oder den Bau besorgen, müssen künftig mit Sanktionen in den USA rechnen. Beteiligte Ausländer verlieren ihre US-Visa, Vermögen werden eingefroren, US-Firmen und US-amerikanische Niederlassungen gefährden ihre Betriebsgenehmigungen. Nachdem im Wesentlichen alle betroffenen Unternehmen Interessen in den USA haben, sind die Aktionen international wirksam, obwohl sie rechtlich nur in den USA gelten.

Der nicht offen deklarierte, aber tatsächlich gestartete Angriff auf Nord Stream 2 ist im Ergebnis eine Aktion zur Förderung der US-amerikanischen Erdgas-Exporte, die an dem allgemein für die kommenden Jahre prognostizierten Erdgas-Boom vorrangig profitieren sollen. Dieser Boom dürfte auch ohne starkes Wirtschaftswachstum stattfinden. Zur Illustration: Im vergangenen Jahr ist der Welt-Energie-Verbrauch kaum gewachsen, aber die Nachfrage nach Erdgas ist etwa in Europa um mehr als 6 Prozent gestiegen.[...]

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